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(K)ein schöner Tag im Zoo

by Caroletta

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»Nie dürfen wir ein Lebewesen zum Vergnügen oder zum Zeitvertreib leiden lassen oder töten.« – Albert Schweizer

Es ist Frühling. Endlich!

Draußen scheint die Sonne und die Pflanzen grünen vereinzelt schon ein bisschen rum. Da zieht‘s einen förmlich vor die Tür. Hat ja auch lange genug gedauert, dieser Winter. Die ganze Familie gehört einmal komplett durchgelüftet.

Auf der Suche nach Ideen, für einen sonntäglichen Ausflug google ich:  Berlin draußen mit Kindern

787.000 Ergebnisse werden gefunden. Wow. Viele Seiten bündeln ihre Vorschläge in praktischen Listen. Ich klicke mich durch die gefühlte Hälfte dieser Listen und stelle fest: Tierpark und Zoo werden oft an vorderster Stelle gennant.

„Zoo? Ja, warum eigentlich nicht!?“ denke ich. Wir Erwachsenen können gemütlich durch die Grünanlagen schlendern und die Kinder haben Spaß beim Tiere g…. Noch bevor ich diesen Gedanken zu Ende denken kann, setzt mein Verstand ein.

Zoo? Ja, warum eigentlich nicht!?

Es gibt hierauf eine kurze und eine lange Antwort.
Die Kurze lautet: Es geht ja auch keiner sonntags mit der Familie in eine Justizvollzugsanstalt zum Menschen gucken. Auch nicht, um anhand der lebenslänglich eingesperrten Menschen mehr über die Spezies Mensch zu erfahren.
Die lange Antwort ist etwas komplexer.
Menschen gehen allein zum Vergnügen in den Zoo.

Wenn irgendjemand behauptet, der Zoobesuch mit Kindern diene irgendeinem Bildungszweck, so kann die einzig richtige Antwort nur lauten: Das ist Bullshit.

Der Zoobesuch ist nichts anderes als eine kurzfristige Unterhaltung durch zur Schau gestellte Lebewesen. Zu Lernen gibt es da nichts, was einem nicht auch eine Dokumentation auf Youtube an einem verregneten Nachmittag näher bringen könnte. Außer vielleicht die ein oder andere Lektion zum Thema Unterdrückung, z.B. durch den so genannten „direkten Kontakt“. Der direkte Kontakt bezeichnet eine Form der Tierhaltung, bei dem der Pfleger nicht nur ein Teil der Herde, sondern deren Anführer wird. Damit die Tiere dem artfremden Alphatier gehorchen, werden sie geschlagen, erniedrigt und in Ketten gelegt. Hin und wieder können Zoobesucher dabei zuschauen, wie sowas in der Praxis funktioniert:

Wer Zoos besucht, muss sich darüber im Klaren sein, dass er seine Schaulust über die Freiheit und Würde dieser Tiere stellt.

Unterhaltung schlägt Tierrechte.

Vor wenigen Wochen, am Neujahresmorgen, wurde im Tierpark Berlin ein kleiner Elefant namens Edgar geboren. Die lokale Presse berichtete fast täglich und die halbe Stadt war bzw. ist im Edgar-Fieber. Der Kinderadiosender und  Namenspate Radio Teddy hat sogar ein eigenes Edgar-Lied herausgebracht. Hach, Tierbabys lassen sich hervorragend vermarkten. Die sind ja soooo schnuckelig!
Der Vater von Edgar,  Ankhor, ist ein 1983 geborener Elefantenbulle aus Burma, der seit 2014 als Zuchtbulle im Prager Zoo lebt. Ankhor hat während seiner Zeit in Berlin mit den Elefantenkühen im Tierpark insgesamt 12 Kälber gezeugt, eins davon mit seiner Tochter Cinta. Ja, Inzucht kann schon mal vorkommen.
Nicht selten setzen die Zoos deshalb bei ihren Zuchtprogrammen auf künstliche Befruchtung. Sperma kann man schließlich leichter transportieren, als einen ausgewachsenen Elefantenbullen. So lässt sich mit einfachen Mitteln verhindern, dass in der Herde irgendwann jeder mit jedem verwandt ist.
Ein Elefantenbulle wird zur Spermaabgabe allerdings nicht mit Becher und Porno in eine Kabine gebeten. Er wird unter Vollnarkose versetzt, um ihm eine Sonde ins Rektum einzuführen und eine Elektroejakulation auszulösen. Die Besamung der auserwählten Elefantenkuh erfolgt dann ebenfalls mit Gewalt. Die Elefantendame Chai aus dem Woodland Park Zoo in Seattle wurde so mindestens 112x künstlich besamt um eine Schwangerschaft auszulösen.

Aber das alles dient ja schließlich auch dem Artenschutz, oder nicht?

Ja klar, wir sperren die Tiere zu ihrem eigenen Schutz ein. Immerhin zerstören wir Menschen ja auch großzügig ihre Lebensräume. Oder wir jagen sie, wegen ihrer schönen Felle, Häute und Zähne, bis sie (so gut wie) ausgestorben sind. Manchmal sind diese Wildtiere auch so knuffig, dass man sie am liebsten durchknuddeln möchte. So ein Äffchen als Haustier… hach.
Warum auch sollte man das viele Geld, das in den Ausbau von Zoos und die Zuchtprogramme gesteckt wird, für die Erhaltung der natürlichen Lebensräume der Tiere einsetzen? An was soll man sich dann an sonnigen Wochenenden noch erfreuen? Wie sollen die Kinder denn sonst lernen, wie so ein Wildtier aussieht, wie sein Verhalten studieren?
Die Wahrheit ist: Zootiere sind nur ein trauriges Abziehbild ihrer wilden Verwandten. Sie verbringen ihre (viel zu kurzen) Leben auf einer Art Theaterbühne, von Menschen für Menschen erbaut. Verkümmerte Instinkte und massive Verhaltensstörungen sind die Folge eines unfreien Lebens in viel zu kleinen Gehegen unter menschlicher Herrschaft. Da gibt’s nichts zu studieren, außer der unendlichen Grausamkeit unserer Spezies.
Zum Anschauen und Lernen empfehle ich ein Buch oder eine filmische Dokumentation über Tiere in ihren natürlichen Lebensräumen. Da muss man beim Anblick der Löwen, Eisbären und Affen auch nicht so schlucken wie im Zoo.

Und was ist jetzt mit Rausgehen?

Die Spielplätze dieser Stadt sind oft versifft und werden mit steigendem Alter der Kinder auch langsam langweilig. Und „Spazierengehen“ war schon das Zauberwort für schlechte Laune als ich selbst noch ein Kind war. Bei meinem Nachwuchs löst es im Jahr 2016 ähnliche Begeisterung aus.

Richtig Spaß machen dagegen:

Picknicken (gern auch mit Freunden und anderen Kindern)
(Tret)boot oder Kanu fahren
Riesenseifenblasen
Klassische Kinderspiele (z.B. Fangen, auch wenn ich Unsportler des Jahres da immer verliere)
Im See baden
Eine Nachtwanderung durch den Wald
Schatzsuchen (nicht nur an Kindergeburtstagen) oder Geocaching
Kletterparks und Hochseilgärten
Drachen steigen
Eine Tour mit dem Fahrrad oder Inlinern
Eine Floßfahrt

Habt ihr Vorschläge, um diese Liste zu ergänzen? Dann immer her damit! Schreibt mir einen Kommentar oder eine Email an mail(at)artandalmonds.com.
Alles was unsere Kinder wollen ist, Zeit mit uns zu verbringen. Auf den Anblick verhaltensgestörter Wildtiere in Gefangenschaft können sie dabei in der Regel verzichten.

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7 Kommentare

Doris 21. März 2016 - 20:11

Was kann man mit Kindern unternehmen ?
Sich im Wald auf die Lauer legen und Rehe und Füchse und andere Wildtiere in freier Natur beobachten.

Reply
Hannah 6. Juni 2016 - 20:48

Ein toller Post!
Ich sehe es zu 1000% genau so und wurde deshalb schon sooo oft als verrückte, intolerante Tierschutztante abgestempelt.
Bin gerade zum ersten Mal auf Deinem Blog und Dein Ticker mit den Tieren in der Sidebar macht mich traurig und betroffen :-(

Liebe Grüße
Hannah von http://justlikehannah.de/

Reply
Bina 7. Juni 2016 - 11:32

Ich danke dir für diesen Beitrag! Ich finde es gut, dass die Leute endlich darüber nachdenken, dass Tiere im Zoo weder glücklich noch geschützt sind und Menschen auch nichts von gefangen gehaltenen Tieren lernen können. Es ist abartig, unschuldige Wesen lebenslang einzusperren und sie zu unserem Vergnügen zu begaffen. In meiner Kindheit wurde das noch nicht hinterfragt, meine Kinder werden nicht in den Zoo gehen, dafür werden sie Tieren gegenüber ein ganz anderes Empfinden lernen und sich freuen, wenn sie mal eines in freier Wildbahn sehen können.
Liebst, Bina
stryleTZ

Reply
STRYLINKS #80 - stryleTZ 8. Juni 2016 - 10:32

[…] berührt hat mich diese Woche der Artikel (K)ein schöner Tag im Zoo von Art and Almonds. Je mehr man sich mit Tierschutz befasst, umso mehr wird einem bewusst, wieviel wir Menschen noch […]

Reply
Jans Schwester 17. Februar 2017 - 22:23

Ich gebe zu, dass ich damals als mein Sohn klein war dachte, dass ein Besuch im Zoo schön wäre, und als Kleinkind fand er es auch spannend. Umso älter er wurde, umso mehr begriff er, was da vor sich geht. Als wir dann vor ca. zwei Jahren ein großes Meeresaquarium in der Bretagne besuchten, verliesen wir es innerhalb kurzer Zeit mit einem depressiven Kind. Er hatte mit zehn Jahren begriffen was für ein zweifelhaftes „Vergügnen“ das ist. Und durch seine Augen begriffen auch wir die Perversion. Zirkus, Tierausstellungen, Pferde auf dem Rummel, etc. Pfui, nicht mehr mit uns…
Ich bin gerade über ein „altes-Sessel-Makeover“ von Pinterest hier gelandet, und hab ein wenig rumgelesen. Spannend hier.
Viele Liebe Grüße,
Kerstin

Reply
Christina 9. Januar 2018 - 21:18

Der Zoo/Tiergarten in Berlin scheint noch sehr altbacken gebaut zu sein. In Hannover hat man weniger Tierfalt, dafür aber größere Gehege. Grundsätzlich stimme ich dir zu, was die Tierhaltung angeht, doch was das Lernen angeht, finde ich es schwierig, einen interaktiven und gut gestalteten Tag in einem (guten) Zoo mit einem Buch oder eine Dokumentation zu vergleichen. Betonung durchaus auch auf gut gestaltet, wenn die Eltern eigentlich keine Lust haben, mit ihren Kindern bei so einem Zoobesuch zu interagieren und ihnen Dinge zu erklären, ist es natürlich „für die Katz“.

Und im Wald auf die Lauer legen? Naja, meine Familie hat einen Bungerlow in einer kleinen Siedlung in einem Wald, wo durchaus auch schon ein Fuchs über die Terasse spaziert ist, aber da gezielt Wildtiere beobachten mit kleinen Kindern? Unmöglich, denn eigentlich wollen Wildtiere ja nicht wirklich was von uns wissen. Und Wildschweine möchte ich auch nicht unbedingt in freier Wildbahn treffen, schon gar nicht, mit Nachwuchs…

Es ist ein wirklich schwieriges Thema, doch ich ahne, der Mensch schützt nur, was er kennt und liebt. Und da geht es ja nicht nur um Wilderei, sondern auch unser Konsumverhalten. Ob man eine solche Liebe nur durch Buch und Doku vermitteln kann? Und dass wir jetzt alle Safari-Touren machen, wäre auch nicht förderlich für die Umwelt und die Ruhe der frei lebenden Tiere.

Reply
Caroletta 10. Januar 2018 - 10:26

Liebe Christina,

Auch ein gut gestalteter Tag im Zoo mit interessierten Eltern und Kindern kann einem nicht näher bringen wie Vögel fliegen, Affen durch den Dschungel springen und Eisbären hunderte Kilometer durch arktische Gewässer schwimmen. Die Tiere die im Zoo gefangen gehalten werden, haben mit ihren frei lebenden Artgenossen nichts (mehr) gemeinsam und sind zum Teil hochgradig verhaltensgestört. Wir hatten letztes Jahr im Sommerurlaub das Glück ein Rudel Rotwild auf der Wiese hinter unserem Haus zu beobachten. Das war ein wunderbares Geschenk – und nicht selbstverständlich, da Wildtiere den Menschen ja tatsächlich eher scheuen (zu Recht). Meine persönliche Meinung ist, dass wir nicht das Recht haben andere Lebewesen zum Zwecke unserer Bespaßung oder zur Veranschaulichung von Bildungsfragen einzusperren. Tierliebe kann ich nicht vermitteln, indem ich Tier einsperre, denn wenn ich jmd. liebe, achte ich seine Freiheit und seine Bedürfnisse. Das wird ein Zoo niemals bieten können.
LG, C.

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